Titel-Schulze von Glaßer_virtuelles-SchlachtfeldDas virtuelle Schlachtfeld
Computerspiele im Zeitalter eines neuen Militarismus

Schulze von Glaßer, Michael (2014): Das virtuelle Schlachtfeld. Videospiele, Militär und Rüstungsindustrie. Köln: PapyRossa.

Rezension von Sabine Schiffer

 

 

Der Gamer und Friedensaktivist Michael Schulze von Glaßer, der für die Informationsstelle Militarisierung in Tübingen regelmäßig Videospiele analysiert, hat ein weiteres wichtiges Buch verfasst. Diesmal zum Themenfeld virtueller Spiele und Ankoppelung an Militär- und Kriegsrhetorik. Sich nicht auf die verengte Debatte über Gewalt in Computerspielen einlassend, geht er der Frage nach, wie die Konzeption einiger Spiele die neokonservative Politik der NATO-Staaten widerspiegelt bzw. propagiert.

Zunächst stellt er einige Spiele vor, was vor allem für diejenigen interessant sein dürfte, die die Spiele nur vom Hörensagen kennen. Für die ebenfalls angesprochenen Spieler bettet er die Games in politische Zusammenhänge ein und zeigt auf, wie diese entlang dem Zeitgeist tatsächlich ins jeweils aktuelle Feindbildschema passen. Die Medal of Honor-Version von 2010 etwa spielt in Afghanistan, Battlefield 3 im Iran, Homefront zielt auf das Feindbild Nordkorea ab, während Operation Flashpoint den Kampf um Ressourcen mit China in den Fokus nimmt. Dauerfeindbild Russland wird in einer Call of Duty-Version neueren Datums gewürdigt .

Der Autor geht davon aus, dass die Spielinhalte Vorbildfunktion haben können bzw. die Akzeptanz für ähnliche Abläufe in einer Politik, die auf militärische Mittel setzt, fördern – wie andere Medien wie Filme und Bücher, aber teilweise die tägliche Berichterstattung ebenso. Entgegen der üblichen Verharmlosung solcher Spiele hat sich beispielsweise an dem Erscheinen von Medal of Honor 2010 gezeigt, dass man doch den Spieleinhalt nicht für unerheblich erachten kann. Darüber empörte sich u.a. der Bundeswehrverband, weil man in der Ursprungsversion auch in die Rolle von Taliban schlüpfen und NATO-Soldaten bekämpfen konnte. Einen Sturm im Wasserglas verursachte die Ankündigung des Iran, mit Attack on Tel Aviv eine Antwort auf das Spiel Battlefield 3 lancieren zu wollen, das nach Erscheinen im Iran verboten worden war. Schließlich erschien aber mit Battle in Gulf of Aden nur ein Abklatsch bzw. eine Spiegelung der üblichen Militärheroisierung aus westlicher Perspektive – diesmal quasi in grün. Deutlich wird anhand der genannten Beispiele, dass entgegen so mancher Beteuerung von Herstellerseite, doch ein politischer Impetus vorhanden ist.

Wichtig ist die Zusammenarbeit mit Militär und Rüstungsindustrie, den Schulze von Glaßer an verschiedenen Entwicklerfirmen demonstriert, wovon hier als Beispiel nur einige Kooperationen der Frankfurter Firma Crytek genannt werden sollen. Cryteks erfolgreiche und 2011 mit dem Entwicklerpreis ausgezeichnete CryEngine bildet heute die Grundlage von Simulatoren, die beispielsweise Lockheed Martin oder auch die Bundeswehr einsetzen – Stichwort: Sagittarius Evolution. Dass Crysis 2 2012 den Computerspielpreis „Bestes Deutsches Spiel“ erhielt und für 2014 Crysis 3 nominiert wurde, erhält vor diesem Hintergrund vielleicht ein Geschmäckle.

Lesenswert ist auch die Erörterung Schulze von Glaßers am Schluss des Buches, welche Spiele denn realistische Alternativen bieten könnten. Einfach ist diese Kategorie nicht zu erfassen, wie die Flops etlicher sog. Serious Games belegen. Das Ergebnis mag überraschen, wird hier aber nicht verraten, weil man unbedingt das Buch als Ganzes lesen sollte. Und ja, man darf sich eine Meinung über das Buch bilden, auch wenn man selbst keines geschrieben hat – um mal im Jargon der Spieleindustrie zu verbleiben, die einen Austausch zwischen Spielern und Nichtspielern möglichst zu verhindern sucht. Der Forderung des Autors, dass wir eine öffentliche Debatte über diese Kultur des Kriegsspiels brauchen, schließe ich mich vollumfänglich an.

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