Spielen Sie (oder andere) dieselbe Sache so oft wie möglich mit dem kleinen Kind bzw. reduzieren Sie für die Kinder das zur Verfügung stehende Spielzeug je nach Alter, lesen Sie oft die gleiche Geschichte vor. Ausdauer befördert die Konzentrationsfähigkeit und Wiederholung die spätere Konfliktfähigkeit des Kindes, das gelernt hat, dran zu bleiben, anstatt bei aufkommenden Schwierigkeiten sich gleich anderem zuzuwenden – im einfachsten Falle, sich einer unangenehmen Situation per Knopfdruck zu entziehen. Mit letzterem antrainiertem Verhalten wird nicht nur das eigene Glück riskiert, sondern auch das Miteinander in der Gesellschaft gefährdet, die Kooperationsfähigkeit zum Wohle aller geradezu abtrainiert.
Kinder werden hingegen gestärkt, wenn sie merken, dass sie im Alltag etwas beitragen können, ernst genommen und gebraucht werden. Es ist also nicht verkehrt, sie bei möglichst vielen Tätigkeiten mitzunehmen und ihnen je nach Leistungsfähigkeit bestimmte Aufgaben zuzuweisen. Das muss man auch nicht unterlassen, wenn es Spielzeug im Überfluss gibt, wie in unseren Breitengraden. (…)
Die Verdummungskampagne im Bereich Digitalisierung und frühes Fernsehen jedoch verharmlost die Reduktion des Erfahrungslernens der Kinder – wie es weiter oben bereits ausgeführt wurde. Da ist von „Bildungsfernsehen“ und „Mitredenkönnen“ die Rede und man suggeriert auch kritischen Eltern damit, sie würden ihrem Kind etwas vorenthalten, wenn sie die lieben Kleinen nicht Fernsehen und Computer konsumieren lassen. Ja, man warnt sogar davor, dass ein Vorenthalten eine spätere Sucht begünstigen könnte – gerade so als würde die Mehrzahl deutscher Bürger segelbootsüchtig, nur weil sie nicht in frühester Kindheit bereits den Segelschein erwerben. (…)
Gift in diesem Kontext ist die Ungeduld in einer sog. Leistungsgesellschaft. Eigentlich sollte man aus entwicklungspsychologischer Sicht mit dem Einsatz technischer Bildmedien nicht vor der 6. Schulklasse beginnen, also tatsächlich erst, wenn das operationale Denken gut ausgebildet ist. Soweit, so idealtypisch. Das scheint heute völlig unrealistisch, ist darum aber nicht falsch. An dieser Stelle wird bereits ein Dilemma deutlich, das uns noch öfters begegnen wird: Der zu frühe Medienkonsum erzwingt eine frühere Auseinandersetzung. Wenn diese aber nicht im Elternhaus bewältigt, sondern in Kindergarten und Schule aufgegriffen wird, dann kann genau dieses als Anreiz für andere Kinder verstanden werden, entsprechende Medienerfahrungen auch zu sammeln. (…)
Und Pads für die Grundschule mögen super modern und fortschrittlich klingen. Sie verhindern noch mehr, als die zu frühe Einführung von PCs das Erlernen von Lesen und Schreiben und schon gar nicht das Tippen mit 10 Fingern.
aus: Kapitel 2 „Kindsentwicklung als Leitfaden für die Medienerziehung“ von Schiffer, Sabine (2013): Bildung und Medien. Was Eltern den Pädagogen wissen müssen.